FleischWissen-Symposium am 28./29.11.2019 in Fulda


Projektübergreifender wissenschaftlicher Austausch zu Fleisch aus sozial- und kulturwissenschaftlicher Perspektive an der Hochschule Fulda.

Am 28. und 29.11.2019 richtete das ernährungssoziologische Teilprojekt des Forschungsverbunds „FleischWissen“ ein Symposium an der Hochschule Fulda aus. Ziel der zweitägigen Veranstaltung war, einen projektübergreifenden, thematischen und methodologischen Austausch zwischen Fleischexpert*innen aus Wissenschaft und Praxis sowie thematisch interessierten Studierenden zu ermöglichen. In vier Themenblöcken konnten Schwerpunkte des BMBF-Verbunds projektübergreifend diskutiert werden. Im Kern ging es dabei um die Fragen, welche Entwicklungen das Fleisch als Kulturgegenstand, die Werkzeuge, mit denen es zubereitet wird, sowie seine Bedeutungen in Produktion und Konsumtion seit Beginn der Industrialisierung nahmen? Und inwieweit beeinflussen und verändern diese Entwicklungen gegenwärtige Bewertungen und Praxen?

© Sophia Reis

Nach einer Begrüßung durch die Gastgeberin Prof. Dr. Jana Rückert-John (Hochschule Fulda) und den Sprecher des Verbunds Prof. Dr. Gunther Hirschfelder (Universität Regensburg) führte Keynote-Speaker Prof. Dr. Ernst Langthaler (Johannes Kepler-Universität Linz) in „Das Fleisch der Weltgesellschaft“ anhand einer „globalhistorischen Skizze“ ein. Dr. René John (Institut für Sozialinnovation e.V., Berlin) entwarf analog das Bild einer „gekühlten Globalisierung des modernen Fleischsystems“. Die Beiträge von Julia Gutjahr (Universität Hamburg) „Über die Reintegration von Tieren und des Schlachtens in Diskursen um Fleischkonsums“ sowie von Frédéric Gesing (Landschaftsmuseum Westerwald, Hachenburg) zu den „Transformationen des regionalen 'Fleischwissens'. Zucht, Haltung und Verwertung von Rindern und Schweinen im Oberen Westerwald von 1819 bis 1950“ mündeten u.a. in eine lebhafte Diskussion über den Charakter ländlicher Hausschlachtungen im Vergleich zur Entwicklung von modernen Erlebnisangeboten im 21. Jahrhundert (Schlachten, Zerlegen, Wurstmachen, etc.). Als Rahmenprogramm schloss passend ein kulinarischer Abendausflug an: Metzgermeister und Fleischsommelier Hans Schmidt (Lauterbach-Maar) lud in sein Landgasthaus Jägerhof ein, in dem er nicht nur eine Wurstmanufaktur betreibt, sondern auch gezielt Wurstseminare als Events für interessierte Laien anbietet. Nach einer Besichtigung von Wurstküche und Räucherkammer konnten die Teilnehmer*innen die Produkte verkosten: eine Schlachtplatte vom Schwein sowie ausgewählte Teile von Rind und Lamm.

© Isabel Bartels

Der zweite Tag stand ganz im Zeichen des Mediums Kochbuch. Zunächst führte PD Mag. Dr. Andrea Hofmeister (Karl-Franzens-Universität Graz) in die historische Kochbuchforschung ein: „Fleischkonsum im Mittelalter: Eine kulinarhistorische Skizze im Spiegel der Kochrezepttext-Überlieferung“. Es folgte mit einem Sprung in die Jahre 1844–1946 der Beitrag von Sophia Reis (Hochschule Fulda), die erste Ergebnisse ihrer Forschung zu „Semantik und Sozialstruktur: Fleischsemantiken in Kochbüchern und deren stratifikatorische Funktionen“ präsentierte. Über „Fleisch und seine Verwendung in allgemeiner Kochbuchliteratur von 1844 bis ins ausgehende 20. Jahrhundert“ führte schließlich Corinna Schirmer (Deutsches Kochbuchmuseum / MKK Dortmund) tiefer in die Quellengattung ein und schärfte den kulturwissenschaftlichen Blick auf das Thema Fleisch. Verena Fingerling (Justus Liebig-Universität Gießen) lenkte den Fokus anschließend auf „mediale Bezüge“ des Fleischessens im Wandel: „Ein Rückblick auf Darstellungen im Spiegel von der Nachkriegszeit bis heute“. Und Prof. Dr. Christine Brombach (Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften) bot dann Einblicke in „Ernährungsbiografien: Fleischkonsum im Generationenverlauf“, womit den medialen Repräsentationen final die sozialen Verzehrpraxen gegenübergestellt wurden. Ein passender Ausblick, wird doch das Fuldaer Teilprojekt des Verbunds in 2020 mit ernährungsbiografischen Interviews auf die laufenden Kochbuchforschungen aufbauen.